Neuromarketing – Wie Sie die neuesten Erkenntnisse der Gehirnforschung für Ihr Unternehmen nutzen
Obst, das im Supermarkt in ein bestimmtes Licht getaucht wird, Lifestyle-Produkte, die dem Käufer ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl verschaffen, der Duft von frischen Backwaren beim Betreten eines Ladens, der direkt Appetit auf ein Stück Kuchen macht – mit all dem beschäftigt sich Neuromarketing.
Was den meisten von uns längst klar ist: wir alle haben unterschiedliche Vorlieben und Präferenzen. Das ist natürlich gerade im Marketing von großer Relevanz und je genauer Sie Ihre Zielgruppe kennen, desto spezifischer können Sie Ihren Marketing-Mix darauf abstimmen. Mindestens genauso interessant ist die Tatsache, dass vier von fünf Kaufentscheidungen von unserem Unterbewusstsein getroffen werden. Doch, wie genau kann unser Unterbewusstsein angesprochen und zum Kauf animiert werden? Warum sind manche Marken so beliebt? Genau damit beschäftig sich Neuromarketing, welches wir in unserem heutigen Blogbeitrag einmal näher beleuchten werden.
„Ganz pragmatisch formuliert, beschäftigt sich Neuromarketing damit, wie Wahl- und Kaufentscheidungen im menschlichen Gehirn ablaufen, und ganz wichtig für die Werbung: Wie man sie beeinflussen kann. Gesucht wird also nach dem magischen ‚Kauf Button‘.“ Sagt Dr. Hans-Georg Häusel, Neuromarketing-Experte. [1]
Ihre Kunden treffen Kaufentscheidungen in den meisten Fällen nicht rational, sondern geleitet von ihren Emotionen – und meistens geschieht dies ganz unbewusst. Das heißt, der Konsument ist erstmal eine Black Box – wir wissen nicht, was sich in seinem Kopf während einer Kaufentscheidung alles abspielt. Bei Gewohnheitskäufen vertrauen Kunden auf Produkte und Marken, mit denen sie positive Erfahrungen gemacht haben und somit positive Emotionen verbinden. Spontankäufe laufen dagegen impulsiver ab. Konsumenten reagieren z.B. auf Sonderangebote oder Werbebotschaften, die gezielt vom Handel eingesetzt werden. Verantwortlich dafür ist unser Gehirn, das stets unbewusst auf der Suche nach neuen Möglichkeiten ist, Bedürfnisse zu befriedigen. Und das beeinflusst wiederum das Kaufverhalten. „Beim Neuromarketing geht es darum, die Gehirnaktivitäten des Menschen besser zu verstehen und das erlangte Wissen dann zielgerichtet einzusetzen, um die Kaufentscheidungen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Für Unternehmen eröffnen sich damit auch völlig neue Chancen, den Konsumenten und die Wirkung von Marken, Kommunikation und Produkten auf ihn zu verstehen.“, sagt Prof. Dr. Ralf E. Strauß, Präsident des Deutschen Marketing Verbands. [2]
Alles eine Frage der Emotionen?
Bereits beim Thema Personalisierung haben wir darüber berichtet. Und gerade im Neuromarketing sind Emotionen das zentrale Thema. Die meisten Unternehmen haben das Ziel, beim Kunden positive Emotionen zu wecken, um diesen zum Kauf zu bewegen. Je mehr positive Emotionen Kunden mit einer Marke verbinden, desto höher ist ihre Markentreue.
Emotionen entstehen im limbischen System in unserem Gehirn. Das limbische System ist eine Funktionseinheit des Gehirns, die der Verarbeitung von Emotionen und der Entstehung von Triebverhalten dient. [3] Dem limbischen System werden auch intellektuelle Leistungen zugesprochen. Forscher haben herausgefunden, dass besonders beliebte Marken und Produkte eine starke Aktivierung der Amygdala hervorrufen, welche ein Teil des limbischen Systems ist. Die Amygdala spielt eine wichtige Rolle bei der emotionalen Bewertung und Wiedererkennung. Zudem verarbeitet sie externe Impulse und leitet die vegetativen Reaktionen dazu ein. [4] Werden Emotionen aktiviert, kann ein Verlangen entstehen. Dies ist bei einer Kaufentscheidung natürlich extrem bedeutend.
Die Verpackung machts
Das Thema Emotionen geht gerade im E-Commerce über den Erwerb der Produkte oder Dienstleistungen hinaus. Gerade wenn es sich um ein haptisches Produkt handelt, ist nicht der Kauf an sich das Highlight, sondern der Moment, in dem die Ware bei Ihrem Kunden Zuhause ankommt und er sie auspackt. Und genau hier liegen viele Chancen, Ihre Marke und Ihre Produkte mit noch mehr positiven Emotionen aufzuladen. Eine Verpackung dient nicht nur dem Schutz beim Transport, sondern kann mit beeinflussen, ob Ihre Kunden die gelieferte Ware behalten, oder wieder zurückschicken. Farbe und Material der Verpackung, Verarbeitung, Haptik und auch der Geruch können am Ende über Kauf und Nichtkauf entscheiden. Seien Sie hier gerne kreativ und nehmen Sie die Kundenperspektive ein. Wer ist Ihre Zielgruppe? Was ist dieser wichtig?
Immer mehr Onlineshops gehen dazu über, die Rechnung digital zu verschicken – was gleichzeitig Punkte auf Ihrem Nachhaltigkeitskonto gibt – so dass der Kunde nicht als allererstes die harten Fakten in der Hand hält, sondern die freudig ersehnte Ware.
Nach einem Onlinekauf wartet der Kunde meist voller Vorfreude auf die Lieferung. Wenn diese schnell und zuverlässig erfolgt, stimmt dies Ihre Kunden mit Sicherheit positiv. Informieren Sie Ihre Kunden gerne über den Versandstatus und bieten Sie auch eine Lieferung zum Wunschtermin an. Transparente Kommunikation wirkt Wunder.
Herding – was unsere Spiegelneuronen bewirken
Herding? Noch nie gehört? Beim „Herding“ geht es darum, dass wir Menschen meistens genau das haben wollen, was andere – oft berühmte und/oder erfolgreiche Menschen – auch haben, dass wir genau das machen möchten, was diese Menschen so machen und dass wir manchmal sogar deren Denkweisen übernehmen. Verantwortlich hierfür sind unsere Spiegelneuronen. Denken Sie nur an Ihren letzten Restaurantbesuch im Urlaub – sicherlich haben Sie ein Restaurant gewählt, in dem schon mehrere Personen saßen, denn das vermittelt uns das Gefühl, dass es dort gut sein muss. Ein leeres Restaurant wirkt dagegen so, als ob es schon einen Grund gäbe, dort nicht zu essen.
Ein typisches Beispiel für „Herding“ im Internet sind Kundenbewertungen. Produkte oder Services, die andere Kunden für gut befunden haben, werden mit einem guten Gefühl gekauft. Möchten Ihre Webseitenbesucher etwas erwerben, die dazugehörigen Kundenbewertungen jedoch sind überwiegend negativ, stellen sich ganz automatisch Zweifel ein und ein ungutes Gefühl macht sich breit. Neben Kundenbewertungen wirken auch Hinweise darauf, wie viele Personen sich aktuell einen bestimmten Artikel ansehen, oder wie oft dieser bereits gekauft wurde. Denn auch das zeigt, welche Produkte beliebt sind und deshalb oft automatisch für gut befunden werden.
Priming – erinnern Sie sich?
Sie hören ein bestimmtes Lied und sofort fühlen Sie sich wieder zurückversetzt in Ihren letzten Urlaub, in dem Sie dieses Lied jeden Abend am Strand gehört haben. Dieses Phänomen nennt sich „Priming“. Düfte, Geräusche, Bilder und Situationen, die auf Vorerfahrungen basieren, können bestimmte Assoziationen aus dem Gedächtnis hervorrufen und dadurch unmittelbar in unser Bewusstsein bringen. In unserem Gehirn sind bestimmte Emotionen und Erlebnisse gespeichert, die durch Priming in Form von Reizen abgerufen werden können.
Für Sie und Ihre Marke bedeutet das, dass Sie auf einen konsistenten und authentischen Markenauftritt achten sollten. Legen Sie eine Kommunikationsstrategie fest, einigen Sie sich auf bestimmte Schlüsselwörter und eine Tonalität, kreieren Sie eine Marke mit einem starken Wiedererkennungswert. Farben, Songs und Bilder – sowohl auf Ihrer Website als auch auf all den anderen Kommunikationsmedien und Werbemitteln – sollten einheitlich verwendet werden und bei Ihren Kunden gute Gefühle hervorrufen und dafür sorgen, dass Sie daran direkt erkannt werden können.
Augen auf beim Design
Wissen Sie, wie Sie die Elemente auf Ihrer Website am besten platzieren? Wo Ihr Call-to-Action Button am ehesten angeklickt wird? Ob Bilder oder Texte mehr Aufmerksamkeit erzielen? Wenn nicht, helfen hier A/B-Tests und/oder Eye-Tracking Studien.
Eyetracking-Studien haben zum Beispiel ergeben, dass Webseitenbesucher Call-To-Actions verstärkt wahrnehmen, wenn sich diese in der Nähe von Fotos befinden, auf denen sie von Menschen angeschaut werden. Denn wenn User auf einer Website in ein Gesicht sehen, erwidern sie automatisch den Blick. Das bedeutet, dass Sie wichtige Informationen und Call-to-Action Buttons am besten in der Nähe eines Gesichts platzieren sollten. Dafür muss die abgebildete Person Ihre Webseitenbesucher nicht direkt anschauen. Auch eine Blickrichtung wirkt unterstützend, da die User der Blickrichtung Ihrer abgebildeten Person folgen werden. Diese Erkenntnis können Sie sich bei der Gestaltung Ihrer Website definitiv zunutze machen. Wenn Sie jetzt aber einfach wahllos ein paar Fotos mit einem hübschen Gesicht auf Ihre Werbemittel platzieren, dann bedenken Sie bitte, dass dies auch nach hinten losgehen kann. Gesichter lenken die Aufmerksamkeit – sie ziehen diese unter Umständen auch von relevanten Informationen weg. Das heißt, das Gesamtpaket muss stimmig sein. Wohin schaut das Gesicht? Dort platzieren Sie dann die wichtigsten Elemente.
Ein weiterer wichtiger Punkt in Bezug auf das Design ist „Authentizität“. Wenn Sie Bilder einsetzen, oder mit Testimonials werben, dann achten Sie bitte darauf, dass diese auch zu Ihrem Image passen. Kunden möchten in der Regel keine perfekten Menschen sehen, sondern eine Person, mit der sie sich identifizieren können.
Sicherheitsbedürfnis respektieren
Nicht nur das Design kann Emotionen auslösen, auch die Inhalte auf Ihrer Website und Ihren Werbemitteln vermögen dies. Produktbeschreibungen können ebenso positive Emotionen auslösen und Ihrem Kunden ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Dadurch kann die Kaufabsicht gesteigert werden. Natürlich kann auch ein Design ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit auslösen. Das Gleiche gilt für Gütesiegel und Auszeichnungen. Diese vermitteln den Besuchern ebenfalls das Gefühl, dass sie der jeweiligen Website vertrauen können. Und wenn das Sicherheitsbedürfnis befriedigt wird, steigt die Wahrscheinlichkeit eines Kaufabschlusses.
Fazit
Aufgrund der zunehmenden Reizüberflutung werden Werbebotschaften und Webseiten-Inhalte vermehrt unterbewusst wahrgenommen und verarbeitet. Aus diesem Grund lohnt es sich aus unserer Sicht, sich mit dem Thema Neuromarketing intensiver zu beschäftigen und die ein oder andere Erkenntnis in Ihre Kommunikationsstrategie einfließen zu lassen. Dass Emotionen eine zentrale Rolle im Kaufverhalten spielen, sollte generell nicht außer Acht gelassen werden. Je nachdem, welche Produkte oder Services Sie anbieten, sollten Sie dabei natürlich andere Emotionen ansprechen. Basis hierfür ist – wie immer im Marketing – dass Sie Ihre Produkte und Ihre Zielgruppe kennen.
Wir hoffen auf jeden Fall, dass wir Ihnen ein paar spannende Einsichten in das Thema Neuromarketing bieten konnten und wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung.
[1] Haufe: Was ist eigentlich Neuromarketing? (2018)
[2] Absatzwirtschaft: Neuromarketing – Warum kaufen Kunden? (2018)
[3] Wikipedia: Limbisches System